BGH-Beschluss zu Vorsorgevollmacht und Betreuung
- Fabian Kleine Büning
- 23. Juli 2024
- 2 Min. Lesezeit

Der vorliegende Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. November 2022 (Aktenzeichen: XII ZB 212/22) befasst sich mit der Frage, ob eine wirksam erteilte Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers ausschließt. In dem von mir vor dem Amts- und Landgericht geführten Beschwerdeverfahren ging es um die Frage, ob trotz einer umfassenden Vorsorgevollmacht eines Ehepartners ein Berufsbetreuer bestellt werden darf. Der BGH hat nun eine Entscheidung getroffen, die wesentliche Klarstellungen zu diesem Thema liefert.
Hintergrund des Falls
Die Entscheidung des BGH betrifft einen Fall, in dem die Betroffene auf mein Anraten eine umfassende Vorsorgevollmacht auf ihren Ehemann erteilt hatte. Trotz dieser Vollmacht wurde durch das Amtsgericht ein Berufsbetreuer bestellt. Der Ehemann der Betroffenen und die Betroffene selbst legten vertreten durch mich gegen diese Entscheidung zunächst Beschwerde und dann schließlich Rechtsbeschwerde beim BGH ein.
Wesentliche Punkte des Beschlusses
1. Vorsorgevollmacht vs. Betreuerbestellung
Das zentrale Thema des Beschlusses ist die Frage, wie sich eine Vorsorgevollmacht auf die Notwendigkeit einer Betreuung auswirkt. Der BGH stellte klar, dass eine wirksam erteilte Vorsorgevollmacht grundsätzlich der Bestellung eines Betreuers entgegensteht (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ein Betreuer kann nur bestellt werden, wenn die Vollmacht nicht ausreichend ist, um die Angelegenheiten des Betroffenen zu regeln. In diesem Fall befand der BGH, dass die Entscheidung des Landgerichts, trotz der Vollmacht einen Betreuer zu bestellen, rechtsfehlerhaft war.
2. Ungeeignetheit des Bevollmächtigten
Ein weiterer wesentlicher Punkt war die Frage der Eignung des Bevollmächtigten. Der BGH entschied, dass die Eignung des Ehemanns nicht in ausreichendem Maße überprüft wurde. Das Landgericht hatte zwar die räumliche Distanz und den Mangel an persönlichem Kontakt als Gründe für die Ungeeignetheit des Ehemanns angeführt, jedoch nicht ausreichend dargelegt, warum diese Umstände eine konkrete Gefahr für das Wohl der Betroffenen darstellen.
3. Rechtliche Verantwortung des Bevollmächtigten
Der BGH stellte fest, dass ein Bevollmächtigter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die tatsächlichen Bedürfnisse des Betroffenen persönlich zu erfüllen. Vielmehr hat er wie ein Betreuer nur die notwendigen Hilfen zu organisieren und kann Hilfeleistungen durch Dritte in Anspruch nehmen. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie die Aufgaben und Pflichten des Bevollmächtigten und Betreuers klar abgrenzt.
Auswirkungen auf die Praxis
Dieses Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Vorsorgevollmacht und Betreuung. Es verdeutlicht, dass eine wirksam erteilte Vorsorgevollmacht grundsätzlich Vorrang vor der Bestellung eines Betreuers hat, es sei denn, es gibt triftige Gründe für die Ungeeignetheit des Bevollmächtigten.
Für Rechtsanwälte und Notare bedeutet dies, dass bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht die Eignung des Bevollmächtigten und die Möglichkeit, Unterstützung durch Dritte zu organisieren, berücksichtigt werden sollten. Auch die Gerichte müssen bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Betreuung genau prüfen, ob die Vorsorgevollmacht tatsächlich ausreichend ist und ob der Bevollmächtigte in der Lage ist, die Interessen des Betroffenen zu wahren.
Fazit
Der Beschluss des BGH vom 16. November 2022 ist ein bedeutender Schritt in der Rechtsprechung zu Vorsorgevollmachten und Betreuungen. Es präzisiert, unter welchen Umständen eine Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers verhindern kann und stellt klar, dass die Eignung des Bevollmächtigten sorgfältig geprüft werden muss.
Weitere Informationen
Für eine detaillierte Beratung und Unterstützung bei Fragen zur Vorsorgevollmacht und Betreuung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung oder bei Fragen zu Ihrer spezifischen Situation.
Comentarios